Aus Liebe zur Region...
Wein atmet. Er braucht den Sauerstoff zum Leben. Aber auch zum Erleben – also für den Geschmack. Allerdings gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift. Oder wie der Fachmann sagen würde: "Es kommt auf die richtige Oxidation an."
Was aber genau ist diese Oxidation? Wie reagieren Wein und Sauerstoff genau miteinander – und in welchen Phasen der Entstehung? Gute Fragen! Deshalb, daher und darum: Die Oxidation einfach erklärt…
Chemisch betrachtet bedeutet Oxidation erst einmal nichts weiter, als dass ein Stoff mit Sauerstoff reagiert. Ein Atom oder Molekül gibt Elektronen ab und ein anderer Stoff nimmt diese Elektronen auf.
Auch beim Wein reagiert der Wein mit seinen Inhaltsstoffen auf den Sauerstoff. Manchmal ist diese Oxidation erwünscht, oft aber auch unerwünscht.
Im Verlauf der Weinherstellung wird an verschiedenen Stellen die Zufuhr von Sauerstoff benötigt, allerdings handelt es bei diesen erwünschten Reaktionen um Oxidationen mit nur ganz geringen Mengen von Sauerstoff, man nennt sie deshalb auch Feinoxidationen:
Unerwünschte Reaktionen werden wiederum verursacht, wenn die Sauerstoffzufuhr an Maische, Most und Wein einfach zu groß ist.
Entsprechend wird das Traubengut oft schon nach der Lese mit Ascorbinsäure besprüht, um die Oxidation zu hemmen. Dem Wein darf aber nur eine Ascorbinsäure-Menge bis zu 150 Milligramm pro Liter beigegeben werden.
Um die Oxidation bei Maische und Most so gering wie möglich zuhalten – sie würden sich sonst braun verfärben oder gar die Gärung stören – wird ihnen Schwefeldioxid zugeführt. Das Schwefeldioxid verhindert eine schnelle Reaktion des Mosts mit dem Sauerstoff aus der Luft, außerdem wirkt er gegen Mikroorganismen, die den Most verderben könnten.
Im Vergleich zwischen Rot- und Weißwein muss der Kellermeister seine Weißweine stärker vor Oxidation schützen als seine Rotweine. Vom Weißwein werden mehr Frische und Fruchtaromen erwartet.
Rotwein hingegen kann etwas mehr Sauerstoff vertragen, weil die Tannine viel Sauerstoff aufnehmen können, bevor der Sauerstoff überhaupt Schaden an Farbe und Aroma anrichtet.
Oxidativer Ausbau
Der sogenannte oxidative Ausbau ist eine besondere Vinifkations-Methode. Hier wird in kontrollierter Form bei der Gärung mehr Oxidation zugelassen. Zu den oxidativen Weinen gehören vor allem Dessert-Weine, wie Sherry und Portwein. Bei ihnen ist die Oxidation regelrecht erwünscht, weil die Zugabe von Sauerstoff sie kräftig und körperreich macht.
Dass der Wein womöglich oxidiert ist, lässt sich schon beim Öffnen der Weinflasche erkennen. Ein Indiz ist der durchnässte Korken.
Gelangt zu viel Sauerstoff an den Wein verändern seine Farbe, Geruch, Geschmack verändern – man spricht dann auch von einem Weinfehler:
Nein, schädlich ist oxidierter Wein nicht, aber er mundet nicht mehr. Manche nutzen ihren schwer oxidierten Wein noch zum Ablöschen von Soßen. Das ist Geschmacksache. Ansonsten gehört er in den Abfluss. Beim nächsten Mal kann die Oxidation aber verhindert werden…
Eine Oxidation kommt bei jungen Weinen nur selten vor. Bei alten Weinen, bei denen sich im Laufe der Jahre der Vorrat an freier schwefliger Säure abgebaut hat, kann es eher zu einer Oxidation kommen. Diese kann dann leider auch nicht mehr behoben werden.
Was also tun, damit der Wein nicht oxidiert?
Ist die Flasche geöffnet und bleibt ein Rest übrig kann zweierlei passieren:
Wein und Sauerstoff – das ist eine schwierige Beziehung. Ganz oft braucht der Wein die Oxidation. Manche Weine werden und schmecken tatsächlich besser, wenn man sie nach dem Öffnen der Flasche noch ein wenig im Glas schwenkt. Andere, insbesondere sehr alte Weine können Sie dadurch aber auch ruinieren.
Das rechte Maß macht hier – wie so oft – den Unterschied. Leider gibt es dafür keine allgemeine Regel. Das lässt sich nur lernen durch Ausprobieren. Aber das kann ja auch ein spannendes (Geschmacks-)Erlebnis sein…